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Steuerrecht: Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz

Am 28.05.2009 ist das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts in Kraft getreten. Es gibt weitere Erleichterungen für Unternehmen und folgenreiche Änderungen.

 

-Aus der beck-aktuell-Redaktion, 2. Juni 2009- Wie das Bundesjustizministerium erläutert, hat der Gesetzgeber damit zu den internationalen Rechnungslegungsstandards gleichwertige Bilanzierungsregeln geschaffen, gleichzeitig aber das bisherige kostengünstige Bilanzrecht des Handelsgesetzbuchs im Kern beibehalten. Unter anderem befreie das neue Bilanzrecht Einzelkaufleute sowie kleine und mittlere Kapitalgesellschaften von unnötigen Informationspflichten und erhöhe die Aussagekraft handelsrechtlicher Jahresabschlüsse zum Beispiel durch Änderungen bei der Bewertung von Finanzmarktinstrumenten und von Rückstellungen für künftige Verpflichtungen. Das Gesetz führt nach Angaben des Ministeriums zu einer finanziellen Entlastung des Mittelstandes in Milliardenhöhe.

HGB-Bilanz bleibt Grundlage der steuerlichen Gewinnermittlung und der Gewinnausschüttung
Das Gesetz modernisiert nach Angaben des Bundesjustizministeriums das im Kern fortbestehende Bilanzrecht des HGB. Vor allem bleibe die HGB-Bilanz Grundlage der steuerlichen Gewinnermittlung und der Gewinnausschüttung. Dies ermögliche es insbesondere mittelständischen Unternehmen, weiterhin die so genannte Einheitsbilanz aufzustellen. Der Gesetzgeber habe mit dem neuen Bilanzrecht bewusst einen von den International Financial Accounting Standards (IFRS) abweichenden Ansatz gewählt, weil die IFRS auf kapitalmarktorientierte Unternehmen zugeschnitten seien, die weit überwiegende Anzahl der rechnungslegungspflichtigen deutschen Unternehmen den Kapitalmarkt aber gar nicht in Anspruch nehme. Auch der Entwurf eines Standards «IFRS für kleine und mittelgroße Unternehmen» werde von der Praxis als im Verhältnis zum Bilanzrecht des HGB zu kostenintensiv und kompliziert scharf kritisiert. Wichtige Aspekte des Modernisierungsgesetzes betreffen deregulierende Maßnahmen und Verbesserungen der Aussagekraft des handelsrechtlichen Jahresabschlusses.

Abbau von Informationspflichten
Der Pressemitteilung zufolge werden mit dem neuen Bilanzrecht Informationspflichten abgebaut: Das Gesetz befreit Einzelkaufleute von der Verpflichtung zur Buchführung, Inventur und Bilanzierung nach den handelsrechtlichen Vorschriften, wenn sie nicht mehr als 500.000 Euro Umsatz und 50.000 Euro Gewinn pro Geschäftsjahr machen. Ferner werden die Schwellenwerte für die Bilanzsumme und die Umsatzerlöse in § 267 HGB, die über die Klassifizierung von Kapitalgesellschaften als klein, mittelgroß und groß und damit über den Umfang der Informationspflichten bestimmen, um 20 Prozent angehoben. Über die Größe von Kapitalgesellschaften entscheiden laut Ministerium künftig drei Kriterien, von denen zwei erfüllt sein müssen: Bilanzsumme (klein: höchstens 4,8 Millionen Euro; mittelgroß: höchstens 19,2 Millionen Euro), Umsatzerlöse (klein: höchstens 9,8 Millionen Euro; mittelgroß: höchstens 38,5 Millionen Euro) und jahresdurchschnittliche Arbeitnehmerzahl (klein: 50 Arbeitnehmer; mittelgroß: 250 Arbeitnehmer).

Aktivierung selbstgeschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens
Forschungs- und Entwicklungskosten könnten Unternehmen künftig als Herstellungskosten für selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens wie zum Beispiel Patente oder Know-how aktivieren. Dies habe zur Folge, dass die Gewinn- und Verlustrechnung nicht mit diesen Kosten belastet werde und der bilanzielle Gewinn höher ausfalle. Unternehmen könnten so ihre Eigenkapitalbasis ausbauen und ihre Fähigkeit verbessern, sich am Markt kostengünstig weiteres Kapital zu beschaffen. Steuerlich blieben die Aufwendungen weiterhin abzugsfähig; sie stünden auch nicht für die Gewinnausschüttung zur Verfügung. Das fördere die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Standort für innovative Unternehmen.

Kreditinstitute müssen Finanzinstrumente des Handelsbestandes mit dem Marktwert bewerten
Darüber hinaus verpflichte das Modernisierungsgesetz Kreditinstitute künftig, Finanzinstrumente wie zum Beispiel Aktien oder Schuldverschreibungen zum Bilanzstichtag grundsätzlich mit dem Marktwert (Fair Value) zu bewerten, so das Bundesjustizministerium weiter. Damit werde die Aussagekraft des Jahresabschlusses in Bezug auf jederzeit realisierbare Gewinne und Verluste erhöht und die bisher schon übliche Praxis der Kreditinstitute im Bilanzrecht des HGB verankert. Von dem Marktwert müssten die Kreditinstitute einen angemessenen Risikoabschlag vornehmen und einen ausschüttungsgesperrten Sonderposten als zusätzlichen Risikopuffer bilden. Der Sonderposten sei in wirtschaftlich guten Zeiten aufzubauen und könne in schlechteren Zeiten zum Ausgleich von Handelsverlusten verwendet werden. Er wirke antizyklisch und sei eine Konsequenz der Finanzmarktkrise.

Dynamisierung der Rückstellungsbewertung
Die Rückstellungsbewertung werde dynamisiert. Dazu müssten Lohn-, Preis- und Personalentwicklungen bei der Bewertung stärker berücksichtigt und Rückstellungen zudem abgezinst werden. Dadurch werde eine realistischere Bewertung von Rückstellungen erreicht. Insbesondere bei Pensionsrückstellungen lasse sich derzeit die wahre Belastung der Unternehmen nicht aus der handelsrechtlichen Rechnungslegung ablesen, weil die bisherigen Wertansätze nach übereinstimmender Einschätzung zu niedrig seien. Zumindest bei diesen Rückstellungen werde die Neuregelung zu einer Erhöhung führen. Das Gesetz sehe aber zur Abmilderung der Konsequenzen die Möglichkeit vor, die Rückstellung über einen Zeitraum von mehreren Jahren anzusammeln.

Konzernabschlüsse werden in Bezug auf Zweckgesellschaften transparenter
Nach dem Modernisierungsgesetz seien Zweckgesellschaften künftig bereits dann in den Konzernabschluss einzubeziehen, wenn das Mutterunternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn das Mutterunternehmen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Mehrheit der Risiken und Chancen der Zweckgesellschaft trägt. Wie das Justizministerium weiter mitteilt, müssen die Unternehmen außerdem künftig im Anhang über Art, Zweck und finanzielle Auswirkungen von nicht in der Bilanz erscheinenden Geschäften berichten, soweit dies für die Beurteilung der Finanzlage notwendig ist. Mit diesen Regelungen sei eine europarechtliche Vorgabe umgesetzt worden. Zweck sei eine höhere Aussagekraft des Konzernabschlusses in Bezug auf die wirtschaftliche Situation der Zweckgesellschaft und das wirtschaftliche Risiko für den Konzern.

«Eins-zu-eins-Umsetzung» sonstiger EU-Vorgaben
Weitere europarechtliche Vorgaben, insbesondere die Vorgaben zum Unternehmensführungsbericht und zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses habe der Gesetzgeber «eins zu eins», das heißt mit geringst möglicher Belastung für die Unternehmen in deutsches Recht umgesetzt.

Risikoeinschätzung in Bezug auf Eventualverbindlichkeiten
Darüber hinaus müssen Unternehmen nach Angaben des Ministeriums künftig ihre Risikoeinschätzung in Bezug auf Eventualverbindlichkeiten darlegen. Nicht ausreichend sei es, den Abschlussadressaten nur über die Summe der bestehenden Eventualverbindlichkeiten zu informieren, nicht aber über die dahinter stehenden Risiken und die Einschätzung ihres Eintritts. Schließlich habe der Gesetzgeber mit dem Modernisierungsgesetz nicht mehr zeitgemäße Bilanzierungsmöglichkeiten eingeschränkt oder aufgehoben (Beispiel: Bildung von Rückstellungen für den eigenen künftigen Instandsetzungsaufwand).

Anwendungspflicht für Geschäftsjahre ab 2010
Verpflichtend sei die Anwendung der neuen Bilanzierungsregelungen für Geschäftsjahre ab dem 01.01.2010. Freiwillig könnten sie schon für den Jahresabschluss 2009 angewendet werden, allerdings nur in ihrer Gesamtheit. Einige Vorschriften, insbesondere solche zur Umsetzung europarechtlicher Vorgaben, seien bereits für das Geschäftsjahr 2009 gültig. Bilanzierungserleichterungen für kleine und mittelgroße Unternehmen könnten schon für das Geschäftsjahr 2008 in Anspruch genommen werden, soweit dies noch möglich sei. beck-aktuell-Redaktion, Verlag C. H. Beck, 2. Juni 2009.

 

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