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Vollstreckungsrecht: Entwurf des Bundestag zur Modernisierung der Zwangsvollstreckung

Der Deutsche Bundestag hat am 19.06.2009 zwei Gesetzentwürfe zur Modernisierung des Zwangsvollstreckungsrechts beschlossen.

 
BMJ - Pressemitteilung vom 19.06.09 - Zwangsvollstreckung
Gerichtsvollzieher können künftig erstmals von dritter Seite Informationen über die Vermögensverhältnisse von Schuldnern erhalten, damit sie titulierte Forderungen erfolgreich beitreiben können. Zudem wird die Internetversteigerung von Gegenständen, die vom Gerichtsvollzieher in der Zwangsvollstreckung gepfändet wurden, als Regelfall der Verwertung neben der bisher üblichen Versteigerung vor Ort etabliert. Mit den verbesserten Informationsmöglichkeiten für Gläubiger können vollstreckbare Zahlungsansprüche effektiver durchgesetzt werden, wenn der Schuldner - entgegen seiner gesetzlichen Pflicht - falsche oder gar keine Angaben zu seinem Vermögen macht. Gerichtsvollzieher können im Auftrag des Gläubigers künftig zum Beispiel herausfinden, wo der Schuldner Konten oder Depots führt, erklärte die Bundesjustizministerin.


Durch eine Anfrage beim Rentenversicherungsträger kann der Gerichtsvollzieher erfahren, ob und wo ein Arbeitsverhältnis besteht. Mit diesen Informationen kann der Gläubiger die entsprechenden Forderungen durch das Vollstreckungsgericht pfänden lassen. Durch eine präzise Fassung der Voraussetzungen für eine Auskunft durch Dritte - z.B. den Rentenversicherungsträgern - stellen wir aber sicher, dass der Eingriff in das Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung auf das Notwendige beschränkt wird.

Die ebenfalls am 19.06.2009 beschlossenen vereinfachten Versteigerungsmöglichkeiten für gepfändete Gegenstände im Internet sollen Schuldner und Gläubiger gleichermaßen dienen, da über das Internet ein größerer Bieterkreis erreicht werden kann und die Auktionsplattform 24 Stunden am Tag zugänglich ist. Ein größerer Bieterkreis bedeutet mehr Wettbewerb um den Zuschlag und dadurch höhere Erträge. Dadurch würden zum einen die Gläubiger bei der Beitreibung ihrer offenen Forderungen unterstützt. Zum andern erhofft das BMJ, dass mit der geplanten Internetversteigerung größere Beträge erzielt werden. Dies sei auch für den Schuldner von Vorteil, denn je höher der Erlös, desto weniger Gegenstände müssen versteigert werden, damit der Schuldner seine Verbindlichkeiten begleichen kann.

Zu den Gesetzen im Einzelnen:
1. Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung
Die Möglichkeiten der Informationsgewinnung für den Gläubiger werden an den Beginn des Vollstreckungsverfahrens gestellt. Künftig kann der Gerichtsvollzieher vom Schuldner eine Vermögensauskunft verlangen, ohne dass ein erfolgloser Versuch einer Sachpfändung, d.h. der Pfändung von beweglichen Gegenständen im Eigentum des Schuldners vorangegangen ist. Gibt der Schuldner die Vermögensauskunft nicht ab oder ist nach dem Inhalt der Auskunft eine Befriedigung des Gläubigers nicht zu erwarten, ist der Gerichtsvollzieher künftig befugt, Fremdauskünfte bei den Trägern der Rentenversicherung, beim Bundeszentralamt für Steuern und beim Kraftfahrt-?Bundesamt über ein Arbeitsverhältnis, Konten, Depots oder Kraftfahrzeuge des Schuldners einzuholen. Auf der Grundlage dieser Informationen kann der Gläubiger dann öfter erfolgreich vollstrecken, zum Beispiel durch eine Pfändung von Lohn oder Kontoguthaben des Schuldners durch das Vollstreckungsgericht oder durch Pfändung eines auf den Schuldner zugelassenen Kraftfahrzeuges durch den Gerichtsvollzieher. Gleichzeitig wird das Verfahren zur Abgabe der Vermögenserklärung (bisher: "eidesstattliche Versicherung") und die Verwaltung der Informationen modernisiert. Die Aufstellung der Vermögensgegenstände des Schuldners (Vermögensverzeichnis) soll zukünftig in jedem Bundesland von einem zentralen Vollstreckungsgericht landesweit elektronisch verwaltet werden. Bislang geschah dies in der Regel bei den jeweiligen örtlichen Amtsgerichten. Künftig besteht damit in jedem Bundesland eine zentrale Auskunftsstelle. Zugriff auf die Datenbank haben Gerichtsvollzieher, Vollstreckungsbehörden und weitere staatliche Stellen wie die Strafverfolgungsbehörden. Auch das Schuldnerverzeichnis bei den Amtsgerichten, in dem zahlungsunwillige bzw. zahlungsunfähige Schuldner dokumentiert werden, soll künftig durch ein zentrales Vollstreckungsgericht als landesweites Internet-?Register geführt werden. Die Einsicht ist nach wie vor jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt, z.B. für Zwecke der Zwangsvollstreckung oder um wirtschaftliche Nachteile abzuwenden, die daraus entstehen können, dass Schuldner ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Vermieter und Handwerker können sich also künftig zentral Informationen über die Kreditwürdigkeit ihrer potentiellen Vertragspartner verschaffen.

2. Internetversteigerung in der Zwangsvollstreckung
Bislang ist die Versteigerung von sog. beweglichen Sachen - zum Beispiel von Möbeln und elektronischen Geräten - in der Zivilprozessordnung als Präsenzversteigerung vor Ort durch den Gerichtsvollzieher vorgesehen. Die dafür notwendige Anwesenheit von Versteigerer und Bieter ist umständlich und verursacht nicht zuletzt wegen der Anreise teilweise hohe Kosten. Der Gerichtsvollzieher kann die gepfändeten Sachen auf andere Art - etwa über das Internet - nur versteigern, wenn der Gläubiger oder der Schuldner dies beantragen. Das ist aufwändig und unpraktikabel. Künftig soll die Versteigerung beweglicher Sachen ohne Weiteres im Internet erfolgen können und als gesetzlicher Regelfall neben der Präsenzversteigerung etabliert werden. "Dadurch ermöglichen wir ein anwenderfreundliches und unbürokratisches Verfahren", betonte Zypries. Der Gesetzentwurf ergänzt die bestehenden Vorschriften der Zivilprozessordnung, damit die Internetversteigerung auch in der Zwangsvollstreckung selbstverständlich wird. Die Bundesländer werden ermächtigt, Einzelheiten wie etwa die Versteigerungsplattform, Beginn, Ende und Ablauf der Auktion oder die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Versteigerung durch Rechtsverordnung zu regeln. Die Internetversteigerung beweglicher Sachen wird auch in der Abgabenordnung als gesetzlicher Regelfall neben der Präsenzversteigerung etabliert. Zudem enthält der Gesetzentwurf Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die auch die Verwertung von Fundsachen im Internet ermöglichen.

 

Die am 19.06.2009 vom Bundestag beschlossenen Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Der Bundesrat wird sich voraussichtlich am 10.07.2009 mit den Gesetzen befassen.

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