Kündigungsschutz bei Massenentlassungen
Ein Kommentar zum BAG - Urteil vom 21.05.08 (8 AZR 84/07) Welche Wirkung hat die Entlassungssperre des § 18 Abs. 1 KSchG?
Hierzu wurden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Zum einen könnte der Ausspruch der Kündigung erst nach einem Zeitraum von einem, im Falle der Verlängerung der Sperrfrist gemäß § 18 Abs. 2 KSchG von zwei Monaten zulässig sein. Im Ergebnis wäre damit im Falle einer Massenentlassung die Verlängerung der Kündigungsfrist bei jeder einzelnen Kündigung um mindestens einen Monat verbunden. Zum anderen sollte die Vorschrift nicht den Ausspruch der Kündigung sperren, sondern lediglich den Beginn der Kündigungsfrist bis zum Ablauf der Sperrfrist hemmen (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. vom 23.02.2007 - 6 Sa 2152/06). Das Ergebnis war dasselbe, nämlich ein um mindestens einen Monat verlängerter Bestand des Arbeitsverhältnisses. Demgegenüber wurde der Sperrfrist des § 18 KSchG nur noch die Funktion einer Mindestkündigungsfrist zugestanden (LAG Baden-Württemberg, Urt. vom 13.03.2008 – 12 Sa 54/07).
Das Bundesarbeitsgericht hat mit dem Urteil vom 06.11.2008 – 2 AZR 935/07 Klarheit geschaffen:
„Die Entlassungssperre nach § 18 Abs. 1 KSchG hindert weder den Ausspruch einer Kündigung nach Anzeige der Massenentlassung bei der Agentur für Arbeit während des Laufs der Sperrfrist nach § 18 Abs. 1 oder Abs. 2 KSchG noch verlängert die Sperrfrist die gesetzlichen Kündigungsfristen.“ Damit gesteht das BAG der Sperrfrist nur noch die Funktion einer Mindestkündigungsfrist zu und marginalisiert deren praktische Bedeutung. Dieser Aspekt wird vom BAG erkannt und ausdrücklich im o.g. Urteil hervorgehoben: „Dementsprechend werden von der „Sperrfrist“ nur solche Kündigungen unmittelbar erfasst, deren Kündigungsfrist kürzer als die Sperrfrist sind.“ Sie etabliert damit einen Mindestzeitraum bis zur Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse, m.a.W. eine Mindestkündigungsfrist. Damit ist das BAG einer europarechtskonformen Konzeption der Kündigungsschutzes bei Massenentlassungen einen guten Schritt näher gekommen. Urteilsanmerkung von Dr. Martin Kolmhuber, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht,